Zahlungsaufschub: Wie Unternehmen vorgehen können und was Gläubiger wissen sollten

Wichtige Kunden zahlen ihre Rechnungen nicht, die Zulieferer streiken, der Absatz von umsatzstarken Produkten gerät ins Stocken – häufig ist es nicht einmal das direkte Verschulden eines Unternehmens, wenn es in Liquiditätsschwierigkeiten gerät. Statt darauf zu warten, dass die Ursachen vorübergehen, ist es in solchen Situationen wichtig, dass Unternehmen zeitnah aktiv werden, damit ihr finanzieller Engpass nicht noch schlimmer und womöglich existenzbedrohend wird.

Wenn Unternehmen den eigenen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen können, sollten sie um Zahlungsaufschub bitten. Wir erklären, welche rechtlichen Grundlagen dabei gelten, und geben Hinweise, mit denen Sie die Chancen erhöhen, dass Ihnen ein Zahlungsaufschub gewährt wird.

Definition: Zahlungsaufschub

Der Zahlungsaufschub ist eine nachträgliche Einigung zwischen Gläubiger und Schuldner, die Fälligkeit einer geschuldeten Zahlung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Damit kommen Gläubiger Schuldnern in Zahlungsschwierigkeiten entgegen.

Was ist ein Zahlungsaufschub?

„Zahlungsaufschub“ ist die umgangssprachliche Bezeichnung für den Vorgang, der rechtlich als Stundung bezeichnet wird.

Rechtsansprüche auf Zahlungsaufschub

Bei Verträgen zwischen Unternehmern und Verbrauchern wird die Stundung bzw. der Zahlungsaufschub durch § 506 BGB geregelt.

Bei Verträgen zwischen Unternehmen gibt es keine allgemeingültige Rechtsgrundlage. Es gilt zu prüfen, ob in bestehenden Verträgen bzw. AGB Klauseln enthalten sind, die einen möglichen Zahlungsaufschub regeln. Wenn Sie keine solche Klauseln finden, sind Sie auf das freiwillige Entgegenkommen Ihres Vertragspartners angewiesen. Es wird jedoch als Gebot der Fairness betrachtet, einem Schuldner dann Zahlungsaufschub zu gewähren, wenn dieser plausibel nachweisen kann, dass sein Liquiditätsengpass vorübergehend ist und er in Zukunft seine Schuld begleichen kann.

Hinweis

Wenn Gläubiger Zahlungsaufschub gewähren, ist es rechtlich erlaubt und üblich, dass sie auf die geschuldeten Beträge Zinsen erheben. Dies gilt sowohl im zivilrechtlichen als auch im öffentlich-rechtlichen Kontext.

Im Schuldverhältnis von Unternehmen und Staat sind Zahlungsaufschübe ebenfalls möglich. In der Abgabenordnung finden sich Regelungen für die Stundung von Steuerschulden.

Zahlungsaufschub beantragen: Mit diesen Tipps haben Sie gute Chancen auf Bewilligung

Wenn Sie feststellen, dass Sie einen Vertrag vorübergehend nicht bedienen können, sollten Sie das Gespräch mit Ihrem Vertragspartner suchen, auch wenn es Überwindung kostet und unangenehm ist, den eigenen Liquiditätsengpass einzugestehen. Als Vorgehen hat sich die Kombination aus schriftlicher Mitteilung und persönlichem Gespräch bewährt.

Schritt 1: Formulieren Sie einen Brief mit der Bitte um Zahlungsaufschub

Legen Sie in einem Brief Ihre finanzielle Situation dar und bitten Sie um einen Zahlungsaufschub. Nennen Sie in Ihrem Schreiben bereits einen neuen für Sie leistbaren Zahlungstermin, der nicht länger als drei Monate in der Zukunft liegen sollte, und machen Sie ggf. weitere konkrete Vorschläge zur Schuldenbegleichung (veränderte Ratenhöhe nach Zahlungspause o. ä.). Bieten Sie bereits im Schreiben ein persönliches Gespräch an, um Ihre Bereitschaft zu unterstreichen, Ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen.

Schritt 2: Suchen Sie das persönliche Gespräch

Gerade wenn Gläubiger selbst in einem wettbewerbsintensiven Umfeld aktiv sind und Ihr Unternehmen ihnen einen höheren Betrag schuldet, wird Ihr Vertragspartner emotional reagieren und wahrscheinlich zeitnah das Gespräch suchen. Wenn Sie ein persönliches Gespräch führen, machen Sie Ihre eigene Notlage deutlich, fokussieren Sie sich aber auf die Lösungsfindung. Seien Sie freundlich, sachlich und transparent – und akzeptieren Sie, wenn Ihr Gläubiger sich nicht auf einen Zahlungsaufschub einlassen will. Mit einer höflichen Reaktion erhalten Sie sich die Chance, dass Ihr Gläubiger nach dem Gespräch noch einmal seine Situation überprüft und sich vielleicht doch auf eine Stundung einlässt.

Tipp

Wenn der Gläubiger nicht auf die Zahlung verzichten kann, könnte er seine Forderung an eine Bank oder einen Factoring-Dienstleister abtreten, die diese dann gegen eine Gebühr übernehmen.

Räumen Sie der Kommunikation mit Ihrem Gläubiger oberste Priorität ein: E-Mails und Telefonanrufe sollten nicht tagelang unbeantwortet bleiben. Übertragen Sie dieses sensible Thema, wenn möglich, nicht an Assistenten. Seien Sie für Ihren Gläubiger persönlich und zeitnah erreichbar. Lassen Sie Ihrem Gesprächspartner Ihre persönliche Handynummer zukommen, um zu signalisieren, dass Ihnen die Vertragserfüllung wichtig ist und Sie jederzeit für Gespräche offen sind.

Zahlungsaufschub: Neue Regelungen in der Corona-Krise

Im Zuge der Corona-Krise hat die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen beschlossen, um den wirtschaftlichen Schaden für Unternehmen aufgrund der Krise zu reduzieren. Im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie finden sich auch neue Regelungen zum Zahlungsaufschub. Diese gelten für Verbraucher und Kleinstunternehmen. Als Kleinstunternehmen gelten Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten, bis zu zwei Millionen Euro Bilanzsumme oder Umsatz.

Mietverhältnisse

Das Kündigungsrecht für Mietverhältnisse wird – auch für Gewerbemietverträge – eingeschränkt. Fallen Mietschulden im Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 an, darf Ihnen als Mieter nicht gekündigt werden, sofern es Ihnen aufgrund der Auswirkungen der Corona-Krise nicht möglich ist, Ihre Mietzahlungen zu leisten.

Dauerverträge (z. B. Strom, Wasser, Gas)

Wenn Kleinstunternehmen aufgrund der Corona-Krise nicht in der Lage sind, Dauerverträge zu bedienen, die vor dem 8. März 2020 geschlossen wurden, haben sie ein Leistungsverweigerungsrecht. Dieses gilt zunächst bis zum 30. Juni 2020. Damit soll sichergestellt werden, dass Verbraucher und Kleinstunternehmen nicht von wichtiger Grundversorgung wie Strom, Internet und Telefon abgeschnitten werden.

Insolvenzverfahren

Die Insolvenzantragspflicht für Betriebe, die infolge der Corona-Pandemie massive wirtschaftliche Schäden erlitten haben, wird ausgesetzt. Die neue Regelung gilt zunächst bis 30. September 2020, könnte allerdings im Weg einer Verordnung bis 31. März 2021 verlängert werden. Für den Zeitraum von 1. April bis 30. Juni 2020 ist zudem das Recht von Gläubigern eingeschränkt, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen.

Hinweise zu den Corona-Regelungen

Wenn Sie einen Zahlungsaufschub mit Regelungen aus dem Gesetz zur Corona-Pandemie begründen, dürfen Ihnen Gläubiger für den dreimonatigen Zeitraum von April bis Juni 2020 keine Verzugszinsen oder Mahngebühren auf Ihren geschuldeten Betrag berechnen.

Gläubiger, die selbst in finanzielle Schwierigkeiten geraten würden, wenn sie sich auf einen Zahlungsaufschub einlassen, dürfen den Zahlungsaufschub verweigern – obwohl es mit dem Gesetz zur Corona-Krise eine gesetzliche Grundlage für den Aufschub gibt.

Im Gesetz sind Zahlungsaufschübe für Kreditverträge vorgesehen. Diese gelten jedoch ausdrücklich nicht für Unternehmen, sondern nur für Verbraucher. Betriebe können allerdings weiterhin um Zahlungsaufschub bitten, sich jedoch nicht auf die Pandemie-Regelungen berufen.

Die neuen Corona-Regelungen gelten zunächst bis Ende Juni 2020. Da allerdings nicht absehbar ist, wie lange die Pandemie die Wirtschaft beeinträchtigen wird, hat die Bundesregierung nach Artikel 240 § 4 die Möglichkeit, die Regelungen darüber hinaus im Zuge einer Verordnung zu verlängern.

Welche Formalitäten sollten Schuldner und Gläubiger beachten?

Es gibt keine Rechtsgrundlage, die eine bestimmte Form für einen Zahlungsaufschub vorsieht. Dennoch empfiehlt es sich, eine solche Vereinbarung aus Beweisgründen immer schriftlich zu dokumentieren und darin alle Details der neuen Zahlungsmodalitäten zu benennen.

Da die Schriftform rechtlich freiwillig ist (gewillkürte Schriftform), gelten geringere Anforderungen. Ein E-Mailwechsel oder ein Fax würde ausreichen, eine eigenhändige Unterschrift ist zur Gültigkeit des Dokuments nicht erforderlich. Gerade bei größeren Summen setzen Unternehmen in der Regel dennoch einen schriftlichen Änderungsvertrag auf, der beiderseitig unterschrieben wird.

Zahlungsaufschub: Für Gläubiger und Schuldner eine gute Wahl

Unternehmen, die ihren Zahlungsverpflichtungen vorübergehend nicht nachkommen können, sind immer auf die Bereitschaft ihres Gläubigers angewiesen, um einen Zahlungsaufschub zu bewirken – selbst wenn es rechtliche Normen gibt, auf die sich der Schuldner berufen kann. Doch in der Regel ist es im Interesse des Gläubigers, sich auf eine Stundung seiner Forderung einzulassen.

Oberstes Interesse des Gläubigers ist es, seine Ansprüche durchzusetzen. Wenn er eine Stundung bzw. einen Zahlungsaufschub mit einem konkreten Zahlungstermin vereinbart, hat er gute Chancen, seine gesamte Forderung oder zumindest Teile davon in Zukunft erfüllt zu bekommen. Würde er eine solche Vereinbarung ablehnen und den Schuldner in Verzug kommen lassen, müsste er den Verwaltungsaufwand betreiben, zu mahnen und schließlich Pfändungen zu beauftragen – und möglicherweise würde er dennoch nur einen kleinen Teil seiner Forderung durchsetzen können.

Gerade bei langjährigen Vertragspartnern besteht außerdem meist ein beiderseitiges Interesse, die Geschäftsbeziehung aufrechtzuerhalten und sie nicht aufgrund eines vorübergehenden Liquiditätsengpasses zerbrechen zu lassen, vor dem potenziell keine Vertragsseite geschützt ist.

Um zu einer einvernehmlichen Lösung mit ihren Gläubigern zu kommen, sollten Unternehmen, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten sind, möglichst zeitnah an ihre Vertragspartner herantreten, ihre Situation transparent schildern und konkrete Modalitäten zur Schuldenbegleichung vorschlagen. Damit haben sie die besten Chancen, einen Zahlungsaufschub gewährt zu bekommen.

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