Ishikawa-Diagramm: Probleme richtig angehen

Kein Unternehmen ist vollkommen frei von Problemen. Oft müssen sich Geschäftsführer und Mitarbeiter täglich mit neuen Herausforderungen auseinandersetzen. Doch wie sinnvoll ist es, jeden Tag erneut über die gleichen Hürden zu springen? Statt also nur die Symptome zu behandeln, muss man den Problemen – wie beim Zahnarzt – an die Wurzel. Die Ursachen für Probleme zu finden, ist allerdings einfacher gesagt als getan. Das Ishikawa-Diagramm hilft dabei, Problemquellen aufzuspüren.

Was ist das Ishikawa-Diagramm?

Das Ishikawa-Diagramm, benannt nach seinem Erfinder Ishikawa Kaoru, einem japanischen Chemiker, soll Unternehmen bei der strukturierten Suche nach Problemen und deren Ursachen helfen. Deshalb wird dieses Werkzeug auch Ursache-Wirkungs-Diagramm genannt. In ihm wird jedes Problem, das man nachhaltig lösen möchte, mit seinen jeweiligen Ursachen grafisch dargestellt.

Das Problem, das Sie beheben wollen, steht am rechten Rand der Grafik – Sie tragen es noch vor allen anderen Anmerkungen dort ein. Liefern Sie eine möglichst präzise Beschreibung des Sachverhalts und setzen Sie diese an den rechten Rand eines Flipcharts oder einer Tafel. Von diesem Problem aus ziehen Sie dann eine Hauptlinie nach links (bzw. einen Pfeil, der auf das Problem deutet). Von dieser Hauptlinie zweigen mehrere Nebenlinien ab: die möglichen Ursachen für das Problem. Beim Eintragen der potenziellen Problemursachen können Sie sich an verschiedenen Methoden orientieren: Beliebt sind die 4M-Methode und ihre Erweiterungen: die 5M- und die 8M-Methode. Sie beziehen sich auf Haupteinflussgrößen in Prozessen, aus denen häufig Probleme resultieren.

Die kompakte 4-M-Methode sieht folgende Haupteinflussgrößen vor:

  • Material
  • Maschine
  • Methode
  • Mensch

In der 5-M-Variante kommt eine weitere Größe hinzu:

  • Milieu

Wendet man die 8-M-Methode an, arbeitet man mit drei weiteren Kategorien:

  • Management
  • Messung
  • Money
Tipp

Es ist nicht zwingend vorgeschrieben, immer nur 4, 5 oder 8 Größen in das Ishikawa-Diagramm aufzunehmen. Vielmehr sollte man alle Faktoren mitaufnehmen, die für das Problem relevant sein könnten. Und natürlich spricht auch nichts dagegen, mit anderen Begriffen zu arbeiten, die nicht mit M anfangen.

An den von der Hauptlinie abzweigenden Linien listen Sie die eigentlichen Ursachen für das Problem auf – immer der passenden Kategorien zugeordnet. Diese Ursachen sollen – anders als die recht weit gefassten Haupteinflussgrößen – sehr konkret benannt werden.

Fakt

Die sich so aufbauende Grafik sieht dem Skelett eines Fisches sehr ähnlich, weshalb das Ishikawa-Diagramm auch als Fischgrätendiagramm bekannt ist.

Ursache-Wirkungs-Diagramme in der Praxis

Um zu zeigen, wie dieses Diagramm sich in der Praxis anwenden lässt, nutzen wir das Beispiel eines Unternehmens mit unzureichendem Kundensupport. Das beispielhafte Unternehmen erhält immer wieder Beschwerden, dass die Hotline keine Hilfe bietet.

Schritt 1: Problem benennen

Als erstes wird das Problem prägnant formuliert: „Unzureichender Support“ reicht in unserem Beispiel als Formulierung aus. Je prägnanter Sie das Problem benennen können, umso besser kann das Ishikawa-Diagramm wirken. Das Problem schreiben wir ganz rechts an das Ende eines Pfeils.

Schritt 2: Haupteinflüsse definieren

Nun müssen Sie überlegen, welchen Kategorien die Ursachen des Problems wahrscheinlich entstammen. In vorliegendem Fall nutzen wir einfach alle 8M-Begriffe:

  • Material: Art der Kundenanfragen
  • Maschine: Technische Vorrichtungen im Support
  • Methode: Arbeitsweisen im Support
  • Mensch: Personal des Supports
  • Milieu: Art der Kunden
  • Management: Unterstützung durch das Management
  • Messung: Kennzahlen des Supports
  • Money: Budget des Supports

Diese Grundfaktoren werden jetzt im Ishikawa-Diagramm ergänzt. Von der Hauptlinie ziehen Sie Kategorienlinien zu diesen Begriffen.

Schritt 3: Ursachen notieren

Neben den entsprechenden Kategorienlinien lassen sich nun die konkreten Problemursachen eintragen. Es bietet sich an, das Ishikawa-Diagramm im Team auszufüllen. Insbesondere mit jenen Mitarbeitern zusammen, die direkt in den problembehafteten Prozess involviert sind. Dennoch sollte die Gruppe gemischt bleiben: Denn nur wenn unterschiedliche Fachbereiche beteiligt sind, können auch ungewöhnliche Ideen aufkommen. Um die Ursachen zu finden, ist Brainstorming gefragt. Gemeinsam versucht man, möglichst alle potenziellen Ursachen zu benennen.

Unter dem Punkt ‚Material‘ kann man beispielsweise Anmerkungen zur Art der Kundenanfrage notieren. Auch ‚Fachfremdheit der Kunden‘ gehört an diese Stelle – ebenso wie auch Unfreundlichkeit der Kunden‘.

Im Verlauf der Problemanalyse lassen sich diese Unterpunkte noch weiter untergliedern. In solchen Detaileintragungen lassen sich dann wiederum Ursachen für die darüber liegenden Probleme festhalten. Die Unfreundlichkeit der Kunden könnte so beispielsweise mit einer zu langen Wartezeit in der Hotline erklärt werden.

Um die tatsächliche Ursache eines Problems zu finden, wendet man die sogenannten 5W-Methode an: Bei dieser Methode fragt man fünfmal „Warum?“ und kommt so dem eigentlichen Missstand auf die Spur.

Damit man das Problem auch tatsächlich lösen kann, darf man die Suche nach Ursachen nicht überstürzen, sondern muss ihr ausreichend Zeit widmen. Denn übersieht man eine Quelle des Missstandes, kann das komplette Projekt gefährdet sein. Wer die Ursachenforschung zu schnell abhandelt, der riskiert, dass er nur einige Teilursachen aufdeckt, aber wesentliche Problemursachen übersieht.

Schritt 4: Prioritäten festlegen

Im besten Fall hat man nach Erstellen eines Ishikawa-Diagramms ein umfassendes Bild der Ursachen für ein konkretes Problem. Es ist aber wenig zielführend, alle Punkte gleichzeitig anzufassen. Denn wenn Sie Ihre Energien und Ressourcen auf diese Weise streuen, besteht das Risiko, dass Sie zwar reichlich Zeit und Mühe in die Problemlösung investieren, aber letztlich keine Ursache wirklich behoben wird. Konzentrieren Sie sich daher nur auf eine Problemursache – und zwar die wichtigste!

Auch Prioritäten lassen sich gut im Team setzen. Jeder Mitarbeiter gibt einfach an, welche seiner Meinung nach die schwerwiegendste Ursache für das Problem ist. Um die grafische Darstellung weiterhin zu nutzen, können Sie jeden Beteiligten Punkte in das Diagramm einzeichnen lassen: Bei der Problemursache, die die meisten Punkte erhalten hat, gilt es anzufangen. Eine Diskussion vor der Wahl sorgt dafür, dass alle den gleichen Wissensstand hinsichtlich der Problemsituation haben und nicht auf ihr bloßes Bauchgefühl vertrauen müssen.

Hinweis

Nicht alle im Ishikawa-Diagramm aufgeführten Punkte müssen auch tatsächliche Ursachen sein. Auch Vermutungen dürfen in die Grafik einfließen. Bei der Wahl, welche mögliche Ursache zuerst angegangen wird, sollten daher auch Wahrscheinlichkeiten („Wie wahrscheinlich ist es, dass das Problem diese Ursache hat?“) berücksichtigt werden.

Schritt 5: Maßnahmen ergreifen

Im letzten Schritt versuchen Sie, das Problem zu lösen, indem Sie die Ursache bzw. die Ursachen aus der Welt schaffen. Zunächst muss man jedoch überprüfen, ob überhaupt die richtige Ursache identifiziert wurde – mit einem Signifikanztest lässt sich die Vermutung verifizieren. Dann befassen Sie sich damit, geeignete Methoden zu finden, um das Problem zu lösen.

Tipp

Das Ursache-Wirkungs-Diagramm ist nur eines von vielen Werkzeugen zur Optimierung von Arbeitsprozessen. Um eine möglichst hohe Effizienz zu erreichen, ist es darüber hinaus aber auch sinnvoll, das Pareto-Prinzip zu kennen, laut dem sich 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Gesamtaufwands erreichen lassen.

Vor- und Nachteile der Ishikawa-Methode

Das Ursache-Wirkungs-Diagramm liefert Ihnen eine Methode, auf kreative Art Problemlösung in ihrem Unternehmen zu betreiben. Durch die grafische Darstellung und die gemeinsame Erarbeitung des Diagramms ergeben sich selbst in scheinbar festgefahrene Situationen oft neue Einsichten. Vergessen darf man dabei aber nicht, dass das Ishikawa-Diagramm eine sehr starke Vereinfachung darstellt. Die Komplexität von Unternehmensprozessen bleibt dabei häufig unbeachtet. So sind weder zeitliche Kausalitäten noch gegenseitige Wechselwirkungen darstellbar.

Außerdem läuft man Gefahr, falls man doch versucht, die Komplexität des Problems vollumfänglich darzustellen, Chaos in das Diagramm zu bringen. Denn eigentlich ist das Ziel der Ishikawa-Methode, Ordnung in die Problemlösung zu bringen: Durch die Einteilung in Kategorien und Unterpunkte wird das Problem greifbarer und kann systematisch gelöst werden. Trotz der erforderlichen Kreativität verlangt die Methode also disziplinierte Reduktion, um wirkungsvoll zu bleiben.

Vorteile Nachteile
Fördert die Kreativität bei der Suche nach Ursachen Erfordert Disziplin und Vereinfachung, damit das Diagramm nutzbar bleibt
Ordnet mögliche Ursachen in Kategorien Vorgefertigte Kategorien (z. B. 5M) können kreative Problemlösungswege einschränken
Erarbeitung im Team ermöglicht neue Perspektiven Komplexe Zusammenhänge lassen im Ishikawa-Diagramm nicht darstellen
Kausalitäten von Ursachen werden dargestellt Liefert keine Lösungen, sondern visualisiert nur die Ursachen
Ermutigt Mitarbeiter zum Einbringen von Ideen  
Vereinfacht das Problem  
Einfache Anwendung und Erlernbarkeit  

Bitte beachten Sie den rechtlichen Hinweis zu diesem Artikel.

War dieser Artikel hilfreich?
Page top