Aufbewahrungspflicht – neue Regelung für Lieferscheine

Bisher galt: Als Handels- oder Geschäftsbriefe sind Lieferscheine gemäß § 147 Abs. 1 AO (Abgabenordnung) für eine Dauer von 6 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie eingegangen sind, aufzubewahren. Fungiert ein Lieferschein als Buchungsbeleg, verlängert sich die Frist auf 10 Jahre. Und das selbst dann, wenn die dazugehörige Rechnung genau dieselben Angaben enthält und den Vorgang somit ebenfalls dokumentiert.

Tipp

Weitere Informationen zu handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungspflichten finden Sie in unserem Grundlagenartikel zum Thema.

Eine Last ist die Pflicht zur Aufbewahrung eines jeden Lieferscheins insbesondere für kleine- und mittlere Unternehmen. Die Aufbewahrungspflicht von Lieferscheinen wurde daher im Zweiten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG II) vom 30. Juni 2017 neu geregelt.

Die Neuregelungen des Zweiten Bürokratieentlastungsgesetzes haben Auswirkungen auf folgende Gesetze:

  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Umsatzsteuergesetz (UStG)
  • Abgabenordnung (AO)
  • Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV)

Die Neuerungen des BEG II traten rückwirkend zum 1. Januar 2017 in Kraft.

Wichtig für die Aufbewahrungspflicht von Lieferscheinen sind die Änderungen, die das BEG II für die Abgabenordnung vorsieht. Wir zeigen Ihnen, was für Sie wichtig ist.

Neuregelung der Aufbewahrungspflicht gemäß BEG II

Das BEG II regelt die Aufbewahrungsfrist für Lieferscheine neu und sieht in Artikel 2 folgende Erweiterung des § 147 AO vor:

„Bei empfangenen Lieferscheinen, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Erhalt der Rechnung. Für abgesandte Lieferscheine, die keine Buchungsbelege nach Absatz 1 Nummer 4 sind, endet die Aufbewahrungsfrist mit dem Versand der Rechnung.“

Lieferscheine, die nicht als Buchungsbelegt fungieren, dürfen somit nach Erhalt bzw. Versand der dazugehörigen Rechnung vernichtet werden.

Achtung: Nicht jeder Lieferschein darf vernichtet werden

Die Neuregelung der Aufbewahrungsfrist soll den Mittelstand entlasten. Tatsächlich entlastet die Regelung aber vor allem eine Gruppe von Unternehmern: solche, die den Gewinn mithilfe einer Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) ermitteln. Bei der EÜR werden Betriebsausgaben erst dann berücksichtigt, wenn die dazugehörige Rechnung bezahlt wurde. Lieferscheine werden bei EÜR-Ermittlern im Rahmen der Buchführung in der Regel nicht berücksichtigt. Anders ist dies bei bilanzierenden Unternehmen. Bei ihnen wird aus betriebswirtschaftlichen Gründen bereits der Wareneingang in der Buchhaltung berücksichtigt. Der Lieferschein dient dann als Buchungsbeleg und erhält einen Kontierungsvermerk, der das Dokument mit dem Buchungssatz verknüpft.

Lieferscheine mit Belegfunktion sind von der Neuregelung gemäß BEG II Art. 2. ausgenommen. Es greift weiterhin die 10 Jahre währende Aufbewahrungspflicht für Buchungsbelege gemäß § 147 Abs. 1 AO. Ein solcher Lieferschein mit Belegfunktion darf auch nach Eingang oder einer inhaltlich identischen Rechnung nicht vor Ablauf der 10 Jahre vernichtet werden.

Ebenfalls ausgenommen von der Aufbewahrungserleichterung sind Lieferscheine, die als Rechnungsbestandteil gewertet werden müssen, da sie Detailinformationen zu den abgerechneten Waren- oder Dienstleistungspositionen beinhalten, die auf der Rechnung nicht genannt sind. In einem solchen Fall gilt die 10-jährige Aufbewahrungsfrist für Rechnungen gemäß § 14b Umsatzsteuergesetz (UStG) auch für den dazugehörigen Lieferschein.

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