Was ist Eyetracking?

Eyetracking (auch: „Eye Tracking“ oder „Eye-Tracking“) ist ein Verfahren, bei dem Blickrichtung und Augenbewegungen von Personen aufgezeichnet werden, während sie mit Darstellungen, Produkten oder auch Umgebungen konfrontiert werden. Klassische Anwendungen sind das Betrachten von Werbeanzeigen, das Leseverhalten auf Webseiten oder der Umgang mit Bedienungsanleitungen.

Aber auch Benutzeroberflächen oder Verpackungen können auf die visuelle Kommunikation mit den Nutzenden untersucht werden. Selbst die Blickabfolge beim Betreten eines Ladengeschäfts oder beim Durchlaufen eines Supermarkts kann Marketingstrategen wichtige Erkenntnisse liefern.

Über eine Auswertung der Daten können Analystinnen und Analysten herausfinden, welche Bereiche innerhalb des Sehfelds besondere Aufmerksamkeit genossen haben. Auch die zeitliche Abfolge bei der visuellen Erfassung von Informationen ist von Bedeutung und kann untersucht werden. Eyetracking ist ein nützliches Tool, das im klassischen Marketingmix sowohl bei der Optimierung der Produktpolitik als auch bei der Kommunikation echte Hilfe leisten kann.

Tipp

Ein praxisnaher Anwendungsfall für Eyetracking ist die ideale Platzierung des Firmenlogos innerhalb einer Werbeanzeige. Das Logo soll möglichst schnell wahrgenommen werden, um über das Markenimage Vertrauen in die Anzeige oder die Website zu schaffen. Mit dem IONOS Logo Generator können Sie einfach und kostenlos Ihr eigenes Logo erstellen. Probieren Sie es aus!

Wie funktioniert Eyetracking?

Um Studien mit Hilfe von Eyetracking durchzuführen, ist spezielle Hard- und Software erforderlich. Die Hardware besteht aus Kameras, die das Gesicht bzw. nur die Augenpartie der Person aufnehmen. Über Bilderkennung durch die passende Software wird die Position der Pupillen erkannt und ihre Bewegung dynamisch verfolgt.

Professionelle Hardware arbeitet im Infrarotbereich (IR), da so Iris und Pupille besser erkannt werden. Dafür wird der aufgenommene Bereich mit einer Infrarotlichtquelle illuminiert. Je nach Blickrichtung befindet sich die Reflexion der IR-Lichtquelle an einer bestimmten Stelle im Auge. Die Reflexion der IR-Quelle wird von der Kamera erfasst. Die Software kann dann aus der Position der Reflexion relativ zur Pupille Rückschlüsse auf die Blickrichtung ziehen.

Wo und wann wird Eyetracking eingesetzt?

Eyetracking kommt zum Einsatz, wenn die User-Experience (das Nutzungserlebnis) mit der Anwendung auf der visuellen Ebene optimiert werden soll. User-Experience-Design (UX-Design) befasst sich mit der Analyse, Gestaltung und Optimierung der Nutzererfahrung. Typische Anwendungen für Eyetracking sind zum Beispiel:

Im öffentlichen Raum:

  • Wegweiser in großen Gebäuden
  • Fahrzielanzeiger

Design von Bedienelementen:

  • Gestaltung der Bedienoberfläche eines Fahrkartenautomaten
  • Anordnung von Bedienelementen in einem Cockpit
  • Layout der Benutzeroberfläche einer App

In Werbung und Marketing:

  • Design einer neuen Produktverpackung
  • Gestaltung und Bestückung eines Supermarktregals
  • Platzierung von Foto, Text und Grafik in einer Werbeanzeige

Im Webdesign:

  • Grafischer Aufbau der Navigation einer Webseite
  • Platzierung von Conversion-Elementen in Onlineshops

Praxisfall Webdesign

Nach der Neugestaltung seines Webshops sieht sich der Betreiber mit einer Verdopplung der Absprungrate konfrontiert. Irgendetwas scheint die Besucherinnen und Besucher davon abzuhalten, ihren Einkauf abzuschließen. Nach dem Probeeinkauf durch 15 Probandinnen und Probanden, der durch einen Eyetracker begleitet wird, steht fest, dass der Button, der zum Einkaufskorb führen soll, nur nach intensiver Suche auf dem Bildschirm gefunden werden kann. Vielen Besucherinnen und Besuchern war diese Suche wohl Grund genug, den Einkaufsvorgang abzubrechen. Kleine Anpassungen am Layout und Design führen schließlich zu einer deutlichen Abnahme der Absprungrate und wieder zu mehr Einkäufen.

Welche Hard- und Software für Eyetracking gibt es?

Das gesamte technische Zubehör, um mit Eyetracking zu arbeiten, teilt sich in den Hardware- und den Software-Bereich. Es gibt verschiedene Firmen, die sich entweder auf einen Bereich spezialisiert haben oder Komplettlösungen anbieten.

Eyetracking-Hardware

Im Hardware-Bereich gibt es folgende Lösungen:

  • Eyetracking-Brillen werden von den Probandinnen und Probanden getragen und folgen jeder Kopfbewegung. Eine brillengestützte Messmethode ist sinnvoll, wenn die Person sich während der Messung bewegen oder den Kopf drehen muss, z. B. beim Autofahren.
  • Eine externe Kamera, die sich gegenüber dem Probanden oder der Probandin befindet, zeichnet die Augenbewegungen auf. Diese Methode kann bei Betrachtung von Displays oder anderen Oberflächen eingesetzt werden.
  • Webcams können mit der richtigen Software als Eyetracker genutzt werden. Die Performance ist allerdings bei Weitem nicht so gut wie mit Hardware, die speziell für Eyetracking entwickelt wurde. Den im Bildschirm integrierten Webcams fehlt beispielsweise die Fähigkeit, im IR-Bereich zu arbeiten.

Eyetracking-Software

Im Software-Bereich gibt es Freeware, die von unterschiedlichen Entwicklerinnen und Entwicklern angeboten wird. Dazu gehören zum Beispiel:

  • XLabs der Firma xlabsgaze
  • Opengazer von Samsung und der Gatsby Charitable Foundation
  • Pygaze der drei Universitäten Oxford, Aix-Marseille und Utrecht
  • Ogama von der Freien Universität Berlin
  • OpenEyes der Firma Thirty Sixth Span Internet Technologies

Nachteilig ist hier oft der fehlende Support, sodass sich diese Angebote eher an Bastlerinnen und Bastler mit Programmierkenntnissen richten.

Auf der anderen Seite gibt es kommerzielle Lösungen, die einen Kundensupport oder sogar kundenspezifische Anpassungen bieten:

  • Tobii Pro der Firma Tobii Pro
  • iMotions Core der Firma iMotions
  • VERIEYE der Firma neurotechnology
  • D-LAB der Firma Ergoneers

Welches Ziel hat der Einsatz von Eyetracking?

Über das Eyetracking kann festgestellt werden, welche Bereiche im Sehfeld der Nutzerin oder des Nutzers primär wahrgenommen werden. Eine sogenannte Heatmap zeigt in unterschiedlichen Farben an, welche Bereiche im Sehfeld am häufigsten angesehen werden. Rote Bereiche stehen für eine intensive Betrachtung, während blaue Bereiche kaum angesehen wurden. So kann man auch herausfinden, welche Stellen im Blickfeld gar nicht beachtet werden.

Das Phänomen der Nicht-Beachtung hat bei Werbeanzeigen den Namen „Banner Blindness“ bekommen. Es beschreibt den Umstand, dass bestimmte Elemente oder Bereiche einer Webseite durch Besucherinnen und Besucher bewusst oder unbewusst gar nicht wahrgenommen werden. Die „Blindheit“ gegenüber den Anzeigen stellt sich durch die Gewohnheit ein, mit der das Gehirn wichtige von unwichtigen Informationen zu trennen versucht. Mit Hilfe von Eyetracking kann man beispielsweise die Platzierung von Werbung auf Websites verbessern, um wieder mehr Aufmerksamkeit zu generieren.

Das Ziel von UX-Design ist es, über die Auswertung der Eyetracking-Daten die Nutzungserfahrung zu verbessern. Das bedeutet, komplexe Systeme einfach darzustellen und die Nutzerinnen und Nutzer so bequem und schnell wie möglich an das gewünschte Ziel zu bringen. So sollen Apps und Terminals intuitiver zu bedienen sein, Armaturenbretter von Autos übersichtlicher werden und der Lesekomfort von Bedienungsanleitungen oder Webseiten verbessert werden.