Influencer-Marketing: Authentische Markenbotschafter finden

Kurzzeitig Berühmtheit zu erlangen (die sogenannten „15 minutes of fame”), ist heutzutage schnell erreicht. Ein Clip auf YouTube, ein Tweet oder ein Kommentar im Social Web, der den Nerv der Zeit trifft, kann sich innerhalb weniger Tage auf der ganzen Welt verbreiten. Doch ist ein Clip oder Post „viral gegangen”, ist die Aufmerksamkeit meist ebenso rasch verebbt, wie sie aufgekommen ist.

Eine wirkliche Herausforderung ist es, sich im Netz durch Kenntnisse und Kontakte einen Namen zu machen und sich nachhaltig als Meinungsführer zu etablieren. Wer Trends und Meinungen beeinflusst und auf Instagram und Co. den Ton angibt, wird schnell zum Vorbild seiner Follower. Und erhält damit eine große Macht: Er wird zum Influencer und damit als Multiplikator auch für große Unternehmen und Marken interessant.

Diese Influencer für sich zu gewinnen und eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie um sie herum aufzubauen, ist die Aufgabe des sogenannten Influencer-Marketings und eine große Herausforderung für Unternehmen und Marketer.

Was ist Influencer-Marketing?

Influencer-Marketing ist schon lange mehr als nur ein Buzzword, mit dem jeder selbsternannte Marketingexperte um sich wirft. Im Spannungsfeld zwischen klassischer Online-PR, dem sogenannten Referral-Marketing und Social-Media-Marketing ist eine neue, wichtige Disziplin im Online-Marketing-Mix entstanden

Die Hauptaufgabe des Influencer-Marketings ist es, für das eigene Unternehmen oder die eigene Marke relevante Influencer zu identifizieren, sie anzusprechen und eine geschäftliche Beziehung zu ihnen aufzubauen. So wollen Unternehmen Influencer in die eigene Kommunikationsstrategie integrieren und sie als Multiplikatoren für Unternehmensbotschaften und Werbeziele nutzen. Bevor wir näher auf die Aufgaben und Mechanismen des Influencer-Marketings eingehen, klären wir zunächst, was einen Influencer ausmacht.

Was sind Influencer?

Influencer sind im Grunde Persönlichkeiten, die im Netz als Meinungsführer auftreten. Sie verfügen in der Regel über eine sehr große Reichweite, die sie entweder als Blogger über eine eigene Online-Präsenz oder über Social-Media-Kanäle wie Twitter, Instagram oder YouTube gewinnen konnten.

Die Reichweite ist das Grundkapital von Influencern. Doch Reichweite alleine ist nicht alles – der soziale Einfluss ist das, was zählt. Wer innerhalb der eigene Fangemeinde und Community Glaubwürdigkeit und Vertrauen gewonnen hat, tritt als Vorbild auf und hat einen großen Einfluss auf Meinungsbild und Konsumverhalten. Im Prinzip kann jeder als Influencer auftreten: Journalisten, Blogger, YouTuber, Prominente, Politiker, Autoren oder Fachkräfte. Wichtig sind neben Reichweite und Stärke der verschiedenen Kanäle vor allem Ansehen und Glaubwürdigkeit der Influencer.

Wie können Unternehmen von Influencern profitieren?

Die Medienlandschaft hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Klassische Medien beeinflussen die öffentliche Meinung in weit geringerem Maße als noch vor einigen Jahren – vor allem die junge Zielgruppe sucht sich Vorbilder in der digitalen Landschaft. Die Bandbreiten an „Experten” zu verschiedenen Themen ist vor allem in der (Video)-Blogger-Szene riesig. Mit teilweise Millionen von Leser und Followern dominieren einzelne Persönlichkeiten ihren Themenbereich. Je nach Thematik und Themenschwerpunkt des Influencers können Unternehmen über ihn eine wertvolle, sehr gut definierbare Zielgruppe erreichen.

Geben Influencer Tipps und Empfehlungen zu Produkten, Dienstleistungen oder Marken, nehmen die Fans und Follower diese in der Regel dankend an. Sie vertrauen dem Urteil der Blogger und Online-Berühmtheiten, eifern ihnen nach und lassen damit unbewusst eine starke Einflussnahme auf das persönliche Konsumverhalten zu. Unternehmen können diese Vertrauensbasis nutzen und mithilfe der Influencer die eigene Werbebotschaft multiplizieren. Die Blogger oder Künstler werden so zum Markenbotschafter und machen einzelne Produkte oder Marken bekannter. Eine Untersuchung der Nielsen-Company hat sogar gezeigt, dass Konsumenten persönlichen Empfehlungen mehr Vertrauen schenken als jeder Form von klassischen Werbemaßnahmen. Unternehmen schaffen mit Influencern als Mittelsmann somit noch mehr Nähe zum potenziellen Kunden und sorgen für Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit ihrer Marken und Produkte im Sozialen Netz.

Doch welcher Influencer passt zu meinen Unternehmen und wie starte ich einen Zusammenarbeit?

Influencer identifizieren

Zu Beginn sollten sich Unternehmer und Marketer zwei grundlegende Fragen stellen: Wann wird aus einem Blogger oder Youtuber ein Influencer und wann ist dieser für meine Marketingziele relevant? Es gibt je nach Branche und Status viele verschiedene Richtwerte, anhand derer Unternehmen unter den zahlreichen Meinungsmachern im Social Web die passenden Partner identifizieren können. 

Die wichtigsten Faktoren, um Influencer für sein Unternehmen zu ermitteln:

  • Aktivität: Welche Kanäle bespielt der Influencer? Wo ist er aktiv und wo findet auch aktiv Kommunikation und Austausch statt? Diese Zahlen sind der erste offensichtliche Indikator – doch Vorsicht, Zahlen sind nicht immer eindeutig. Bei einem Nischenthema stellt auch ein Blog mit nur wenigen Hundert Lesern eine extrem wertvolle Zielgruppe dar.
  • Reichweite innerhalb der Zielgruppe: Spricht der Influencer auch die Personen an, die ich mit meinen Produkten erreichen will? Es gibt unzählige Profile und Channels mit überzeugenden Nutzerzahlen. Doch relevant ist das für ein Unternehmen nur, wenn auch die eigene Zielgruppe erreicht wird. Wichtig ist damit nicht nur die Reichweite der Kanäle, sondern ebenso, ob relevante Kontakte erzielt werden.
  • Expertenstatus: Welche zentralen Themen bestimmen die Unternehmenskommunikation? Wer gilt auf diesen Gebieten als Experte? Wer passt thematisch zum Unternehmen? Gibt es Influencer, die schon eine erhebliche Reputation aufgebaut haben und in der Branche bekannt sind?
  • Engagement: Natürlich sind nicht nur Zahlen, wie z. B. Fans und Follower auf Facebook und Twitter, ausschlaggebend. Vor allem auch die Interaktion mit Nutzern und das sogenannte Engagement der Community bilden entscheidende Merkmale. Retweets, Kommentare, Shares und Likes sind also wichtige Indikatoren. Sie geben Aufschluss über die Beziehung zwischen Influencer und Community. Teilen und diskutieren die Fans die Beiträge, spricht das für seinen Einfluss.

Influencer-Marketing-Tools

Persönliche Kommunikation und Recherche sind wesentliche Aspekte des Influencer-Marketings. Ob ein Influencer zum Unternehmen passt oder eben nicht, lässt sich nicht nur auf Zahlen reduzieren. Ob zum Beispiel die Qualität der Inhalte den individuellen Anforderungen entspricht, kann keine Maschine bewerten. Und auch in der Frage, inwiefern der persönliche Stil zur Unternehmensphilosophie passt, ist eine individuelle Bewertung unerlässlich. Dennoch sind Daten und Zahlen gute Kriterien, um eine erste Eingrenzung vorzunehmen. Hinsichtlich Reichweite, Follower- und Abonnenten Zahlen und Interaktionsraten geben spezielle Tools erste wertvolle Anhaltspunkte. Die Liste entsprechender Influencer-Marketing-Tools ist lang – einige der bekanntesten stellen wir Ihnen an dieser Stelle kurz vor:

Klout

Klout zählt zu den bekanntesten Tools im Bereich des Influencer-Marketings – bekannt ist vor allem der sogenannte Klout-Score: Auf einer Scala von 1 bis 100 bewertet Klout den Online-Einfluss eines Nutzers anhand verschiedener Social-Media-Daten. Der Klout-Score ist nicht unumstritten, immer wieder gibt es Manipulationsvorwürfe. Dennoch bleibt er ein guter erster Indikator zur Bewertung von Kontakten.

Buzzsumo

Das international bekannte Tool Buzzsumo wertet unter anderem Daten von Facebook, LinkedIn, Twitter, Pinterest und Google+ aus. Sucht der Nutzer nach Schlagworten, gibt das Tool die einflussreichsten Social-Media-Player zum Thema aus. Verschiedene Filter – z. B. nach Standort – ermöglichen eine gute Segmentierung.

Kred

Kred ist ein Basis-Tool für alle wichtigen Influencer-Metriken. Ähnlich wie Klout gibt das Tool einen Influence-Score aus. Dieser wird anhand von Erwähnungen, Retweets, Replies und Followern auf Twitter ermittelt.

Followerwonk

Followerwonk ist als Teil der Moz Suite kostenlos verfügbar und bietet die Möglichkeit, Twitter-Biografien nach Schlagworten zu durchsuchen. Die Ergebnisliste ist nach Reichweite und Autorität sortierbar. Followerwonk bietet noch zusätzliche Analytics-Features: Man kann die Follower-Profile von bis zu 3 Influencern miteinander vergleichen, was z. B. bei der Mitbewerberanalyse sehr praktisch ist und den Vergleich von Netzwerken ermöglicht.

Klear

Klear ist ein simples, aber effektives Tool, wenn man die Influencer innerhalb des eigenen Netzwerkes identifizieren möchte. Das kostenlose Angebot ermöglicht außerdem eine sehr gute Differenzierung von Nutzer- und damit Influencertypen.

All diese Influencer-Marketing-Tools ermöglichen einen guten Einstieg ins Influencer-Marketing. Sie geben praktische Scores und erste relevante Zahlen aus – allerdings sind die Analyse-Features bei allen vorgestellten Tools stark begrenzt. Wer in der Influencer-Analyse einen Schritt weiter gehen möchte, sollte mit einem professionellen Social-Media-Monitoring-Tool arbeiten – die meisten dieser Programme beinhalten integrierte Funktionen zur Influencer-Identifikation.

Influencer Relations: Kontaktaufnahme auf Augenhöhe

Was einen Influencer ausmacht und wie man relevante Multiplikatoren für seine Marketingstrategie identifiziert, ist geklärt. Jetzt steht man allerdings vor der größeren Herausforderung: Den erhofften Partner auf für sich zu gewinnen.

Fettnäpfchen vermeiden

Fast jeder Blogger und YouTube-Star mit einer gewissen Fangemeinde weiß um seinen Einfluss und damit auch seinen Marktwert. Bekannte Größen, vor allem in der YouTube-Szene, werden mittlerweile sogar durch ein professionelles Management vertreten. Doch auch weniger bekannte Influencer sind wählerisch, wenn es um die Auswahl an Partnern und Aktionen geht. Unternehmen können hier in einige Fettnäpfchen treten. Der mitunter größte Fauxpas ist, dem Influencer das Gefühl zu geben, man wolle ihn „kaufen”. Ein Versuch der gezielten Einflussnahme wird schnell als solcher identifiziert. Für Kooperationsanfragen gilt also: keine Manipulation, keine Beeinflussung.

Ebenso kritisch sind Angebote ohne adäquate Gegenleistungen. In der Vergangenheit hat man Influencer-Marketing häufig mit dem Versuch gleichgesetzt, möglichst billig Werbung zu streuen. Doch wie oben schon erwähnt: Der Großteil der Influencer weiß um seinen Marktwert. Und er weiß auch ganz genau, dass die größten Profiteure aus Kooperationen in der Regel Unternehmen sind, nicht die Blogger oder Instagramer.

Ehrlichkeit und Benefits

Eine ehrliche und transparente Kommunikation ist deshalb wichtig im Influencer-Marketing. Als Unternehmen sollte man in jeden Fall jegliche Art von Täuschung vermeiden und die Influencer besser als Partner ernstnehmen. Eine Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe aufzubauen, bedeutet auch dem Blogger oder YouTuber einen tatsächlichen Mehrwert und Vorteil bieten zu können. Was wollen Influencer? Sie wollen ihre Fangemeinde vergrößern und ihren Einfluss noch steigern. Bieten Sie das Handwerkszeug dafür an: exklusive Eindrücke und Informationsvorsprung oder neue Testobjekte. Viele große Unternehmen setzen mittlerweile auf eigens organisierte Blogger-Events und natürlich ist ein monetärer Anreiz für viele Influencer ebenfalls ausschlaggebend.

Persönlicher Kontakt

Geht es um die tatsächliche Kontaktaufnahme, ist der erfolgversprechendste Kanal die klassische E-Mail, gefolgt von Twitter. Ein weiter wichtiger Kommunikations-Angelpunkt ist der Blog des Influencers. Telefonischer Kontakt und andere Netzwerke wie Facebook oder Google+ sind bei der Kontaktaufnahme weniger relevant. Wichtig ist, wirklich persönlichen Kontakt aufzunehmen, den Influencer individuell anzusprechen und keine 0815-Mails zu verwenden. Man sollte auf plumpen Werbeanfragen verzichten und besser Hintergrund und Bezug der Anfrage deutlich machen und seine Absichten kurz skizzieren. Indem sich der persönliche Ansprechpartner vorstellt, signalisiert das Unternehmen Dialogbereitschaft und Interesse an einer langfristigen persönlichen Zusammenarbeit.

Erfolgreiche Influencer Relations schaffen

Nicht nur die Reputation und Reichweite eines Bloggers oder Instagram-Stars sind ausschlaggebend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Vor allem Themenrelevanz und das Finden eines gemeinsamen thematischen Schwerpunkts bilden Dreh- und Angelpunkt für eine nachhaltig positive Zusammenarbeit. Unternehmen dürfen Influencer nicht mit klassischen Dienstleistern verwechseln, die sie gegen Bezahlung oder andere Benefits für sich und die eigenen Werbebotschaften instrumentalisieren können. Denn das würde nur der Reputation des Influencers schaden und ihm das wertvolle Kapital rauben, von dem schließlich auch das Unternehmen profitieren will: Glaubwürdigkeit bei der Zielgruppe und Einfluss auf deren Meinungsbild und Konsumverhalten. Wer seinen Partnern auf Augenhöhe begegnet und eine Zusammenarbeit ermöglicht, aus der beide Parteien profitieren können, ist auf dem richtigen Weg.