Customer-Journey-Mapping: das Unternehmen aus Kundensicht

Den Blickwinkel relevanter Kundengruppen einzunehmen, birgt für Unternehmen immenses Potenzial, um Schwachstellen im Kundenkontakt aufzudecken. Bevor ein Internetnutzer den Schritt vom Interessenten zum Kunden vollzieht, kommt es in der Regel zu einer Vielzahl von Interaktionen mit verschiedenen Werbemaßnahmen, Unternehmensbereichen oder Servicemitarbeitern. Im Marketing hat sich dafür der Begriff der Customer Journey etabliert. Jeder dieser sogenannten Touchpoints bietet die Chance, Kunden gezielt da abzuholen, wo sie stehen. Dazu gilt es zu erfassen, welche Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen Kunden in den einzelnen Phasen des Kaufentscheidungsprozesses haben und inwiefern das Unternehmen diesen an zentralen Touchpoints gerecht wird. Nachzeichnen lässt sich die Kundenerfahrung in sogenannten Customer-Journey-Maps.

Was ist Customer-Journey-Mapping?

Bei einer Customer-Journey-Map handelt es sich um die schematische Darstellung eines prototypischen Kaufentscheidungsprozesses in Form einer Infografik, die in enger Zusammenarbeit verschiedener Akteure eines Unternehmens wie Konzeptern, Informationsarchitekten, User-Experience-Designern (UX), Produktentwicklern, Marketing-Verantwortlichen oder Social-Media-Betreuern entwickelt wird. Customer-Journey-Mapping zeichnet die Kundenerfahrung vom ersten Kontakt mit einem Unternehmen über alle relevanten Touchpoints hinweg bis zur gewünschten Conversion nach. Der Fokus liegt dabei auf der Motivation des Kunden und seinen Emotionen während der Interaktion. Zentrale Fragen sind:

  • Was erwartet ein potenzieller Kunde?
  • Warum interagiert er mit dem Unternehmen?
  • Wie fühlt er sich dabei?

Ziel ist es, in enger Abstimmung mit allen beteiligten Abteilungen ein Bild der aktuellen Situation zu entwerfen und darauf aufbauend einen Plan zu entwickeln, wie sich Customer Journeys für konkrete Szenarien ideal gestalten lassen. Die Infografik fungiert somit als Mustervorlage für Optimierungsprozesse. Die Customer-Journey-Map ist ein wertvolles Marketing-Tool, das sich über alle Unternehmensbereiche hinweg einsetzen lässt: Manager verschaffen sich auf diese Weise einen Überblick darüber, wie Kunden sich durch den Sales-Funnel („Verkaufstrichter“) bewegen, und identifizieren darauf basierend Chancen, die Kundenerfahrung zu verbessern. Textern werden durch Customer-Journey-Maps die Erwartungen von Webseitenbesuchern verdeutlicht. So lassen sich Kernfragen im Content aufgreifen und entsprechende Informationsangebote bereitstellen. UX-Designer entwickeln auf Basis einer solchen Infografik ein Gefühl dafür, wie Nutzer mit einer Website und den zur Verfügung stehenden Servicekanälen umgehen und welchen Anforderungen diese gerecht werden müssen. Zudem hilft das Customer-Journey-Mapping der Marketing-Abteilung, Werbemaßnahmen gezielter einzusetzen. Die zentrale Aufgabe eines solchen Analyseprozesses ist es somit, den Kunden auf allen Ebenen ins Zentrum unternehmerischen Denkens zu rücken.

In sechs Schritten zur Customer-Journey-Map

Beim Customer-Journey-Mapping geht es darum, Kundengruppen und deren Bedürfnisse im Rahmen des Kaufentscheidungsprozesses besser kennenzulernen. Dazu stehen verschiedene Methoden der User-Experience-Forschung wie Kundenbefragungen, Nutzertagebücher, Fokusgruppen oder Kundenblogs zur Verfügung. Im Onlinemarketing spielt zudem die Auswertung des Nutzerverhaltens durch Webanalytics und Usability-Tests eine zentrale Rolle. Neben empirischen Daten sollte zudem das Kundenfeedback über Social-Media-Kanäle in die Customer-Journey-Map einfließen.

Um mit der Customer-Journey-Map ein leistungsstarkes Marketing-Tool zu entwickeln, empfiehlt es sich, die Analyse des Kaufentscheidungsprozesses an einem konkreten Interaktionsszenario festzumachen. Dazu gilt es, Kundengruppen und Anwendungsfälle (Use-Cases) zu definieren, relevante Touchpoints zu analysieren und die beteiligten Akteure zu ermitteln. Idealerweise wird für jedes Szenario eine eigene Customer-Journey-Map erstellt.

1. Kundengruppe definieren

Ausgangspunkt des Customer-Journey-Mappings sind sogenannte Personas, fiktive Personen, die prototypisch für eine bestimmte Zielgruppe stehen. Eine Persona erhält in der Regel einen realistischen Namen und wird mit demografischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Wohnort, Beruf und Einkommen beschrieben. Zudem werden Ziele, Wünsche, Erwartungen und Bedürfnisse definiert. Ein Foto der Person und Zitate helfen, der Persona Leben einzuhauchen. Die Informationen über relevante Zielgruppen speisen sich in der Regel aus Anmeldedaten, Onlinebefragungen und Interviews.

2. Use-Case definieren

Ausgehend von der Zielgruppe lassen sich für jede Persona Use-Cases definieren. Dabei handelt es sich um typische Anwendungsfälle, die beschreiben, warum ein potenzieller Kunde mit dem Unternehmen interagiert. Klassische Use-Cases im Onlinemarketing sind die Suche nach Informationen, nach Produkten oder nach Lösungen für ein bestimmtes Problem.

3. Touchpoints definieren

Für jeden Use-Case lassen sich typische Berührungspunkte ermitteln, an denen die ausgewählte Kundengruppe mit dem Unternehmen in Kontakt kommt. Eine Customer-Journey-Map kann Kaufentscheidungsprozesse jedoch immer nur abstrahiert abbilden. Um eine übersichtliche Infografik zu erhalten, ist es daher sinnvoll, Touchpoints zu priorisieren und Punkte mit geringer Bedeutung außen vor zu lassen. Entscheidende Touchpoints hingegen, bei denen davon auszugehen ist, dass diese den Kunden nachhaltig beeinflussen, werden als „Moments of Truth“ oft gesondert hervorgehoben. An diesen Punkten muss ein Unternehmen im Sinne des Geschäftserfolgs bestmöglich agieren.

4. Akteure ermitteln

Wer Customer-Journeys optimieren möchte, muss direkt die Akteure im Unternehmen adressieren, die mit Kunden an relevanten Touchpoints in Kontakt kommen. Im Rahmen des Customer-Journey-Mappings wird dazu eine Übersicht aller involvierten Abteilungen und Mitarbeiter erstellt. Ist bekannt, dass bei bestimmten Abläufen aufgrund struktureller Rahmenbedingungen (z. B. Personalmangel, Budget) mit Problemen oder Verzögerungen zu rechnen ist, die Einfluss auf die Kundenzufriedenheit haben, sollten auch diese Informationen in die Customer-Journey-Map einfließen.

5. Kundenerfahrungen bewerten

Wurden alle relevanten Touchpoints ermittelt, mit denen eine Zielgruppe in einem bestimmten Use-Case in Kontakt kommt, gilt es diese aus Kundensicht zu bewerten. Dieser Schritt des Customer-Journey-Mappings stützt sich sowohl auf statistische Auswertungen relevanter Key Performance Indicators (KPIs) durch Tracking-Tools als auch auf Kundenfeedback in narrativer Form (z. B. auf Social-Media-Posts oder Produktrezensionen). Finden sich Touchpoints, für die keine stichhaltigen Daten für eine Bewertung aus Kundensicht vorliegen, bieten Einzelinterviews mit verantwortlichen Mitarbeitern eine Möglichkeit, an stichhaltige Informationen über die Performance eines Kontaktpunkts zu gelangen. Das Ziel ist es, ein objektives Bild der Kundenerfahrung bei entscheidenden Interaktionen zu erhalten. Eine schönfärbende Darstellung hingegen bietet keinen Input für Optimierungsmaßnahmen und wäre somit kontraproduktiv.

6. Customer-Journey grafisch darstellen

An die Datenerhebung schließt sich die grafische Darstellung der Customer-Journey-Map an. Dabei werden alle relevanten Touchpoints in den einzelnen Phasen der Customer-Journey verortet: Awareness, Favorability, Consideration, Intent to Purchase und Conversion. Üblich ist eine Visualisierung in Form eines großformatigen Posters mit Icons, Pfeilen und Textboxen. Wichtig ist, dass sowohl positive als auch negative Kundenerfahrungen in die Customer-Journey-Map aufgenommen werden.

Optimierungsmaßnahmen ableiten

Liegen die Infografik, eine Liste aller involvierten Akteure sowie Analyse-Ergebnisse vor, haben die ins Customer-Journey-Mapping einbezogenen Mitarbeiter die Möglichkeit, konkrete Verbesserungsvorschläge auszuarbeiten und diese den Entscheidungsträgern vorzulegen. Customer-Journey-Mapping kann Lücken in der abteilungsübergreifenden Arbeit offenlegen, auf Schulungsbedarf des Servicepersonals hinweisen oder fehlende Funktionen auf der Website zutage fördern. Weitere Ansatzpunkte für Optimierungsmaßnahmen sind Veränderungen in der unternehmensinternen Kommunikation, der Abbau bürokratischer Hürden sowie eine Erweiterung der Befugnisse von Mitarbeiten an bestimmten Kontaktpunkten.