Customer-Journey: wie Interessenten zu Kunden werden

Mit dem Begriff „Customer-Journey“ (deutsch Kundenreise) bezeichnet man im Marketingbereich die einzelnen Phasen, die ein Kunde durchläuft, bevor er sich für ein bestimmtes Angebot entscheidet – und dann ein Produkt kauft oder eine Dienstleistung nutzt. Verdeutlichen lässt sich dies an einem Beispiel:

Ein Hobby-Mountainbiker erfährt durch einen Werbespot auf YouTube von der Möglichkeit, seine Touren mit einer Action-Cam aufzunehmen. Das Interesse ist geweckt. Um mehr über die Kamera zu erfahren, nutzt er die Suchmaschine und stößt dort auf eine SEA-Anzeige des Herstellers. Die Produktinformationen auf der Anbieterseite klingen vielversprechend. Das Produkt scheint das zu sein, was er sucht. Doch was sagen andere Nutzer über die Kamera? Und gibt es Alternativen? Die Recherche führt ihn in ein User-Forum, in dem der Hersteller hoch gelobt wird, und auch ein Blogger findet in seinem Testbericht wohlwollende Worte über das Produkt. Das überzeugt. Erneut wird die Herstellerseite aufgerufen. Hier läuft gerade eine Rabattaktion und der Mountainbiker schlägt zu. Es kommt zur Bestellung im Online-Shop.

Wie das Beispiel zeigt, ist die Customer-Journey vor der Transaktion von verschiedenen Kontaktpunkten geprägt, an denen der Kunde mit dem Produkt, der Marke oder dem Unternehmen in Berührung kommt. Man spricht in diesem Zusammenhang von Touchpoints. Diese findet man in verschiedenen Stadien des Kaufentscheidungsprozesses und sie erfüllen unterschiedliche Zwecke. Onlinehändler, die analysieren, welche Phasen der Customer-Journey ein potenzieller Kunde durchläuft, können Marketing-Maßnahmen gezielt optimierten, damit sie den Kunden direkt während des Kaufentscheidungsprozesses erreichen. Gängig ist die Unterscheidung folgender Phasen der Customer-Journey:

  • Awareness (Bewusstsein): Wird bei einem potenziellen Kunden das Bewusstsein für ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung geweckt, tritt dieser in die erste Phase der Customer-Journey ein. Nachdem er durch Werbung oder Word-of-Mouth-Kommunikation (die berühmte Mundpropaganda und Empfehlungen) auf ein bestimmtes Angebot aufmerksam geworden ist, erkennt der Konsument einen Bedarf oder Mangel. Sein Bedürfnis ist jedoch noch nicht so stark, dass es zur aktiven Recherche kommt. Für Awareness sorgen Anbieter durch Werbemaßnamen, die auf Markenbekanntheit und Brandig-Effekte abzielen. Im Fall des Mountainbikers führte das Werbevideo auf YouTube dazu, dass der Bedarf an einer Action-Cam erkannt wurde.
  • Favorability (Favorisierung): Entscheidet sich ein Konsument, aktiv nach Informationen zu Produkten oder Dienstleistungen zu suchen, tritt er damit in die zweite Phase der Customer-Journey ein. In diesem Stadium versuchen potenzielle Kunden, sich durch Recherche einen Überblick über Angebote und Alternativen zu verschaffen. Im Beispiel des Mountainbikers bildet die Recherche über die Suchmaschine den Eintritt in die zweite Phase der Customer-Journey.
  • Consideration (Abwägung): Ist der Wunsch nach einem konkreten Produkt geweckt, tritt ein potenzieller Kunde in die dritte Phase der Customer-Journey ein. Auch dieses Stadium ist von der aktiven Suche nach Informationen geprägt. Um zu einer Kaufabsicht zu gelangen, werden Vor- und Nachteile abgewogen und Preise verglichen. Der Mountainbiker aus dem Beispiel kommt zur Kaufentscheidung, indem er Nutzererfahrungen recherchiert und Testberichte auswertet.
  • Intent to Purchase (Kaufanreiz): Hat ein Konsument eine konkrete Kaufabsicht entwickelt, heißt das nicht, dass dieser auch zum Kunden wird. Oft ist ein weiterer Anstoß nötig, damit es zum Abschluss des Kaufprozesses kommt. Ein solcher Anreiz kann wie im Fall des Mountainbikers eine Rabattaktion sein.
  • Conversion (Umsetzung): In der letzten Phase der Customer-Journey kommt es zur erwünschten Handlung des Kunden: Der Konsument kauft das Produkt oder nimmt die Dienstleistung in Anspruch.

Ziele der Customer-Journey-Analyse

Customer-Journeys zu gestalten, stellt für Unternehmen eine große Herausforderung dar. Im Bereich des eCommerce haben Unternehmen anders als im Offline-Marketing jedoch durch Web-Controlling umfassende Möglichkeiten, Kundenreisen nachzuvollziehen und so zu ermitteln, welche Online-Touchpoints gute Chancen für Marketing-Maßnahmen bilden, da sie zu Besuchen auf der Website, zu Kundenanfragen oder im besten Fall zur gewünschten Transaktion führen. Das Ziel der Customer-Journey-Analyse ist es somit, Informationen über das Verhalten von Konsumenten zu sammeln und daraus abzuleiten, wie sich der Weg vom Interessenten zum Kunden optimal gestalten lässt. Analysen des Kaufentscheidungsprozesses konzentrieren sich daher auf die Fragen:

  • Welche Rolle spielen verschiedene Marketingkanäle wie Display-Werbung, Suchmaschinenmarketing oder Newsletter im Rahmen der Customer-Journey?
  • In welchem Wirkungszusammenhang stehen die einzelnen Touchpoints einer Customer-Journey?
  • Und wie lange dauert der Prozess vom ersten Kontakt bis zur gewünschten Interaktion mit der Unternehmensseite?

Online-Customer-Journey: Touchpoints im Online-Marketing

Als Touchpoint wird jede Art von Kontakt bezeichnet, den ein Konsument mit einem Unternehmen oder dessen Marken und Produkten hat. Dabei unterscheidet man zwischen direkten und indirekten Berührungspunkten. Während direkte Touchpoints von Unternehmen aktiv gesteuert werden, lassen sich indirekte Touchpoints in der Regel nicht oder nur eingeschränkt kontrollieren. Im Online-Marketing stehen vor allem folgende Berührungspunkte im Fokus:

Direkte Online-Touchpoints:

  • Eigene Websites
  • Organische Websuche (SEO)
  • Bezahlte Websuche (SEA)
  • Displaywerbung
  • E-Mail-Marketing
  • Anbieterseiten in sozialen Netzwerken

Indirekte Online-Touchpoints:

  • Social-Media-Kommentare (Facebook, Twitter etc.)
  • Eingehende Links von anderen Websites
  • Redaktionelle Berichterstattung (Online-Medien)
  • Rezensionen und Produktbewertungen (z. B. Amazon)
  • Test- und Bewertungsportale
  • Blogs
  • Foren

Auswertung der Customer-Journey

Um ein repräsentatives Bild eines Kaufentscheidungsprozesses zu erhalten, sollten Customer-Journeys stets im Ganzen erfasst und ausgewertet werden. Nur wenn sich die Abfolge der einzelnen Touchpoints rekonstruieren lässt, kann man abschätzen, wie einzelne Webemaßnamen in den verschiedenen Phasen der Customer-Journey den Fortschritt des Kaufentscheidungsprozesses beeinflussen. Dieses Wissen ermöglicht es Online-Händlern, Werbemaßnahmen direkt auf die potenziellen Kunden zuzuschneiden.

Die benötigten Daten erlangen Online-Händler durch moderne Web-Analyse-Tools wie eTracker und Google Analytics. Programme wie diese erfassen nicht nur, wie oft ein Internetnutzer mit einer bestimmten Werbemaßnahme in Kontakt gekommen ist, sondern auch, zu welchen Kontakten es vor und nach diesem Touchpoint kam. So lässt sich in Google Analytics über den Menüpunkt „Top-Conversion-Pfade“ beispielsweise einsehen, über welche Abfolge von Touchpoints wie viele Transaktionen zustande kommen und welche Umsätze auf diesem Weg generiert werden.

Doch auch wer keine eigenen Analysen anstellen möchte, kann Daten zu Kaufentscheidungsprozessen nutzen, um seine Marketing-Maßnahmen zu planen. Denn Google stellt eine groß angelegte Studie zu Customer-Journeys in elf Branchen und sieben Ländern auf dem Themen-Blog „Think with Google“ kostenlos zur Verfügung. Der interaktive Report basiert auf den Analysen von rund 36.000 Google-Analytics-Accounts, deren Nutzer die Daten zur Auswertung freigegeben haben. Online-Händler ermitteln so mit wenigen Klicks die wichtigsten Touchpoints für ihren Geschäftszweig und erhalten Informationen darüber, welcher Touchpoint in welcher Phase des Kaufentscheidungsprozesses für die eigene Branche besonders relevant ist.